Dienstag, 20. Mai 2014

Ich liebe es nicht

Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat Gesellschaft als Form aus Kommunikationen zu betrachten, also als eine Form, die nicht durch Menschen (aka psychische Systeme. Und auch nicht durch wiederum deren Umwelt, die Organsysteme) in bestimmte Formationen gebracht wird, sondern durch Kommunikation selbst, die eben zwischen Menschen stattfindet, dann bekommt man einen völlig anderen Blick auf das was relevant erscheint. Schon weil Menschen eben nicht telepathisch unterwegs sind, sich also nicht direkt über ihre inneren Zustände informieren können, sondern bis zum Sankt Nimmerlein Tag auf den Umweg über dieses merkwürdige und indirekte Dazwischen angewiesen bleiben, stellt sich die Frage nach der Art der Kommunikation dramatisch scharf (Auch wenn das im Alltag oft als seltsam haarspalterische Metakiste verstanden wird).

Wie wir mit Sprache umgehen, wie differenziert wir sie einsetzen und mit wieviel Potenzial für kreative Ambivalenzen sie uns offen lässt um uns orientieren zu können, das sind Fragen, die nicht nur interessant (und gegebenenfalls inspirierend) für den Einzelnen sind, sondern, die eben Fragen nach dem Potenzial des Mediums sind, in dem sich Gesellschaft verwirklicht. Wie hoch die Auflösung eines Bildschirms ist und welche Konsequenzen diese Auflösung auf unser Interaktionpotenzial mit diesem hat das wird jedem sofort klar .... und keiner würde sich heute mehr gern einen Bildschirm mit einer Auflösung von 640×480 Bildpunkten zulegen, bzw. alles dagegen tun soetwas benutzen zu müssen. Wenn es aber, um die Differenziertheit der Sprache geht, wenn man so will um die Auflösung in der wir uns mit Gesellschaft konfrontieren, da scheint es wenig Gegenwehr zu geben, wenn sich immer plumpere Formen der Grammatik und der Sprachführung und Verwendung im Allgemeinen einschleichen.

Ich möchte hier nur einen Punkt herausgreifen, der mir in den letzten Tagen vermehrt über den Weg gelaufen ist. Ihr erinnert Euch evtl. alle noch an diesen McDoof Werbeslogan "Ich liebe es", der vor ein paar Jahren massiv "in die Gesellschaft" gepumpt wurde. Was ich faszinierend finde ist: Eine Freundin von mir, die eher durch ihren ... ich sage mal sensiblen, spirituellen, wenn nicht esomäßigen Habitus auffällt, die hat sich quasi angewöhnt, wenn sie etwas sehr gern mag, oder etwas sehr gern macht zu sagen "Ich liebe es" oder "Ich liebe das". Das ein oder andere mal habe ich versucht Ihr da "reinzugretschen" und festzustellen, dass das Konzept Liebe, auf leblose Dinge angewendet, doch eher "vulgär materialistisch" anmutet und, dass man dieses Konzept Liebe vielleicht doch geeigneter Lebewesen gegenüber vorbehalten sollte.... evtl. sogar nur solchen, die auch das Potenzial haben zurücklieben zu können.
Ich habe eine Zeit lang daüber nachgedacht und ich halte es immer noch für wenig sinnvoll, das Wort/Konzept Liebe so zu verwenden in dem es das Gleiche sagen soll wie: "Ich mache das und das sehr gern" oder "Das und das gefällt mir sehr gut". Das erscheint mir nach wie vor sehr vulgär und, wenn ich es extrem formulieren darf, eher als ein sprachliches Symptom für eine extrem individualistische, egozentrierte Gesellschaft.

Wie auch immer, ich lasse mir nicht nehmen das Konzept Liebe so zu verwenden, dass es in gewisserweise (eine zumindest mögliche) Gegenseitigkeit offen lässt und dass ich es im Prinzip für andere Lebewesen reserviere. Ich liebe nicht mein Hobby. Ich liebe nicht meine Angel. Ich liebe nicht ein noch so tolles "Es", auch wenn es mich noch so fasziniert.

Soetwas scheint mir nur ein Beispiel zu sein in dem ein hochgradig spezifisch aufgeladenes Wort/Konzept, nämlich in diesem Fall "Liebe" auf ein Niveau mit "Gefällt mir" herunterplaniert wird. Das Medium Sprache verliert durch soetwas an Auflösungsvermögen. Es geht mir hier tatsächlich nicht - auch wenn es das gewählte Beispiel nahelegen könnte - garnicht so um so ein pathetisches Ding. Es geht mir recht kühl um etwas das mit Funktion zu tun hat. Und die Differenziertheit der Sprache hat eine gesellschaftliche Funktion. Das kann ich mir einfach nicht mehr ausreden.

Dieses Ding liegt mir a.j.F. irgendwie "querer", als andere. Ich weiß auch nicht. Beim Freundesbegriff, z.B. bei FB habe ich eher von Weiterentwicklung gesprochen, weil es irgendwie einen Begriff brauchte um ein ganz neues Phänomen zu fassen (nämlich bekannte Unbekannte mit denen man im Netz irgendwie verbunden ist benennen zu können). Da ist mein Verständnis sich bei vorhandenen Begriffen zu bedienen um neues zu bezeichnen größer. Dieses "Ich liebe es" stößt mir nur auf, weil es sozusagen nichts neues einzufangen sucht, sondern ein recht spezifisch aufgeladenes Konzept sozusagen vulgarisiert wird. Es werden bekannte Unterschiede egalisiert.

Auch hier.